#IM_DIALOG_2: Nachklapp 1

Thema Krankenhauspolitik

Nicht von ungefähr nahm das Thema Krankenhäuser auch heute beim Bürgergespräch mit Sozialministerin Petra Grimm-Benne breiten Raum ein. Kein Wunder nach den bewegten Wochen seit der Insolvenz des Burgenlandklinikums. Kein Wunder, wenn heute Beschäftigte davon berichten, dass ihnen Lohnbestandteile vorenthalten wurden. Kein Wunder, denn die Menschen machen sich Sorgen, ob sie auch künftig ausreichende (und erreichbare) Gesundheitsversorgung vorfinden. In der aktuellen öffentlichen Diskussion geht es um ein ganzes Bündel von Problemen: um die finanzielle Situation unserer Krankenhäuser, um die Rolle privater Krankenhauskonzerne, aber auch um die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um Fachkräftemangel, um notwendige Investitionen, um bundespolitische Rahmenbedingungen und letztendlich um ein gut erreichbares Krankenhaus in der Nähe zu unseren Wohnorten.

Die Ministerin hatte heute erklärt, die Übertragung kommunaler Krankenhäuser an private und gewinnorientierte Unternehmen sei ein Fehler gewesen, zugleich hätte das Land zu wenig in die Krankenhäuser investiert. Dennoch, es gibt ein strukturelles Problem in der Krankenhausfinanzierung, denn bundesweit sehen sich viele Krankenhäuser in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Wie die SPD die Situation einschätzt.

Wo kommen die aktuellen Probleme vieler Krankenhäuser her?
Die Krankenhäuser durchleben bundesweit wirtschaftlich schwierige Zeiten. Das System steht stark unter Druck. Der aktuelle „Krankenhaus Rating Report“ des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung sieht bundesweit bei zwölf Prozent der Krankenhäuser erhöhte Insolvenzgefahr, mehr als ein Viertel der Krankenhäuser schreiben danach auf Konzernebene einen Jahresverlust. Der steigende Kostendruck geht insbesondere auf bundesgesetzliche Neuregelungen zurück, die richtigerweise auf mehr Qualität, höhere Patientensicherheit und bessere Arbeitsbedingungen abzielten.

Das Pflegepersonalstärkungsgesetz soll für mehr Attraktivität der Arbeit in der Pflege sorgen, für Refinanzierung von Tarifen und Ausbildungskosten. Zugleich haben die neuen bundespolitischen Vorgaben dafür gesorgt, dass die finanziellen Spielräume der Krankenhäuser deutlich kleiner geworden sind. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die medizinische Versorgung auch auf dem Land gut bleibt. Sachsen-Anhalt ist hier mit seinen Problemen nicht alleine.

Unsere Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne hat die Initiative ergriffen und wird gemeinsam mit den Gesundheitsministern der anderen ostdeutschen Flächenländer im März in Magdeburg beraten, wie wir den Bund stärker in die Pflicht nehmen können. Dabei geht es um eine kostendeckende Finanzierung von Krankenhäusern der Grundversorgung im ländlichen Raum. Auch unser Landesparteitag hat beschlossen, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, die sogenannten Sicherstellungszuschläge der Krankenkassen für Krankenhäuser zu erhöhen, die der Grundversorgung dienen.

Aus Fehlern lernen!

Öffentliche Krankenhäuser – Rückgrat des Gesundheitssystems
Rückgrat eines funktionsfähigen Krankenhaussystems sind die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft. Der unverantwortliche Umgang des Krankenhausbetreibers Ameos mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sorgt in unserer Partei für eine klare Haltung: „Die Übertragung kommunaler Krankenhäuser an private, gewinnorientierte Unternehmen war ein Fehler“, so der Beschluss des Landesparteitags in Aschersleben. Als SPD lehnen wir weitere Privatisierungen ab! Und damit stehen wir nicht allein da. Um eine weitere „uferlose Kommerzialisierung“ zu verhindern, fordert auch die Ärztekammer völlig zu Recht: „Es dürfen keine weiteren Privatisierungen zugelassen werden!“

In der Vergangenheit erschienen Privatisierungen vor Ort vielfach als letzte Hoffnung, um eine ortsnahe Gesundheitsversorgung zu sichern. Heute stellt sich vielerorts heraus, dass manche private Träger lediglich öffentliche Mittel aus den Krankenhäusern herausgezogen haben. Wenn ein privater Träger nicht mehr in der Lage ist, die Versorgung sicherzustellen, können Kommunen sogar in die Situation geraten, Krankenhäuser mit hohem Investitionsbedarf zurückkaufen zu müssen. Dieses Risiko kann auch in Sachsen-Anhalt real werden.

Warum Ministerin Petra Grimm-Benne ein Investitionsprogramm will

Wer finanziert eigentlich Krankenhäuser?
Bei der Krankenhausfinanzierung haben wir eine geteilte Verantwortung. Die Krankenkassen finanzieren die stationären Leistungen und schließen mit den Krankenhäusern Leistungs-, Qualitäts- und Entgeltvereinbarungen. Das Land hat für die notwendigen Investitionen zu sorgen, die die Krankenhäuser brauchen, um diese Leistungen qualitätsgerecht erfüllen zu können. Und hier wird immer klarer: Das Land hat zu wenig investiert. Aktuell ist Sachsen-Anhalt bundesweites Schlusslicht bei der Investitionsförderung. Das Land muss seiner Aufgabe wieder besser gerecht werden!

Das geht bei dem hohen Investitionsbedarf nicht von heute auf morgen. Beim Parteitag haben wir uns deshalb dem Vorschlag von Petra Grimm-Benne für ein kreditfinanziertes Investitionsprogramm angeschlossen. Es soll über die Investitionsbank abgewickelt werden. 700 Millionen Euro sollen so den Kliniken über vier Jahre zur Verfügung gestellt werden. Katja Pähle und Andreas Schmidt verhandeln über diese Forderung aktuell bei den Haushaltsverhandlungen im Landtag.

Ist das Investitionsprogramm nur eine SPD-Idee?
Nein. Unsere Forderung hat breite Unterstützung, zum Beispiel von der Ärztekammer Sachsen-Anhalt. Auch die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt begrüßt das Vorhaben in einem offenen Brief: „Wir brauchen dringend Investitionsmittel – um das knappe Personal zu entlasten, die Digitalisierung konsequent voranzutreiben und erforderliche Strukturanpassungen zu finanzieren.“

Wenn wir in der Lage sind, die NordLB mit Landesgeld zu retten, können wir es auch schaffen, die kommunale Daseinsvorsorge finanziell gut auszustatten und unsere Krankenhäuser solide zu finanzieren, damit sie Investitionen umsetzen und Medizintechnik erneuern können!

In die Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt ist seit der Wende viel Geld geflossen. Sachsen-Anhalt hat fast 3,9 Milliarden Euro über die Jahre investiert. Etwas mehr als eine Milliarde entfällt auf die pauschalen Fördermittel, die benötigt werden, um Apparate, Geräte und Einrichtungsgegenstände wiederzubeschaffen. Wir haben praktisch die gesamte Infrastruktur erneuert. Trotzdem haben wir einen immensen Investitionsstau, weil nach 20 Jahren auch viele Ersatzinvestitionen anstehen.

Zwar ist es uns in Sachsen-Anhalt schon mit dem Haushaltsentwurf gelungen, bei den Investitionen für die Krankenhäuser etwas draufzulegen: Es wird einen Anstieg von 47,75 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 60,75 Millionen Euro im Jahr 2021 geben. Dennoch wissen wir: Es wird deutlich mehr Geld gebraucht. Das Investitionsprogramm, gegen das sich die CDU aktuell noch sperrt, ist dazu der richtige Weg!

Es geht um mehr, als „nur“ Grundversorgung

Können wir uns zukünftig noch flächendeckend Krankenhäuser leisten?
Ja. Die SPD tritt für den Erhalt der Krankenhäuser der Grundversorgung im Land ein, mit Innerer Abteilung, Chirurgie und Notfallversorgung sowie möglichst auch Geburtsabteilung und Frauenheilkunde. Wir brauchen überall in Sachsen-Anhalt Krankenhäuser, die im Notfall schnell erreichbar sind. Es geht aber auch um Qualität und Patientensicherheit. Qualität kann nur dort geboten werden, wo es genügend Fachkräfte gibt und wo eine angemessene Mindestzahl an Fällen erreicht wird. Deshalb definiert SachsenAnhalt in der neuen Krankenhausplanung – von der Landesregierung übrigens gemeinsam beschlossen – auch Schwerpunkte und Zentren, die für die spezialisierte Versorgung zur Verfügung stehen. Die angestrebten Investitionen wollen wir so einsetzen, dass diese Spezialisierung vorangebracht wird und damit die Krankenhauslandschaft auch wirtschaftlich stabilisiert wird.

Investitionen allein machen aber noch keine guten Krankenhäuser. Es kommt auch darauf an, insgesamt Rahmenbedingungen zu haben, in denen das medizinische Personal gute Arbeit leisten kann. Die Rahmenbedingungen wie Personaluntergrenzen und Pflegebudget werden in starkem Maße vom Bund beeinflusst.

Quelle: Einblick 1/2020, SPD Sachsen-Anhalt

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